Dienstag, 16. August 2005

Biparteiliche Demokratie

Warum die Deutschen nicht wählen können.

Welch spektakuläre Ereignisse! Gerhard Schröder stellt sich selber die Vertrauensfrage und löst damit eine heftige Diskussion zum Thema Neuwahlen aus. Horst Köhler gibt auch noch grünes Licht, so dass im September der Gang zur Urne dem deutschen Bürger mal wieder die Möglichkeit gibt, sich dafür zu entscheiden, über welche Regierung er sich die nächsten vier Jahre ärgern darf. Die dahinter stehende Logik ist aus Sicht des Kanzlers und aus Sicht des Bundespräsidenten durchaus verständlich, schließlich bringt es einer Fraktion nichts, wenn sie im Bundestag die Mehrheit hat, aber ihre Beschlüsse nicht durch den Bundesrat kommen, da sich hier die Opposition breit macht. Seltsam ist nur, dass die Klagen gegen die Neuwahlen gerade aus den Reihen der Regierungsparteien kommen und somit eine eigentlich sinnvolle Entscheidung der Parteispitze wieder einmal mehr in Frage stellen. Den begonnenen Wahlkampf jedoch scheint dies in keiner Weise zubeeinträchtigen, solange noch keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt. Auf einmal tauchen Plakatwände auf, wo vorher grüne Wiesen waren und man starrt überall nur noch auf ein debiles Grinsen, dass einem weiß machen soll, ja nicht die anderen zu wählen. Unterstützend kommen noch lustige Slogans hinzu, die die eigene Partei aufwerten und die anderen in den Dreck ziehen. Was sich im freien Markt niemand traut ist in der Politik Gang und Gäbe. Die alles entscheidende Frage lautet: wer macht das Rennen? SPD oder CDU?
Die Frage hingegen, die viel zu sehr außer Acht gelassen wird ist vielmehr, wieso eigentlich? Schließlich ist es ja nicht so, als ob auf einem Wahlzettel nur zwei Felder wären um ein Kreuzchen zu setzen. In dem am 21.07.2005 aufgelösten Bundestag waren immerhin sechs Parteien vertreten. Wieso also nur über schwarz oder rot diskutieren? Sicherlich fällt es vielen jetzt schwer, diese sechs Parteien an einer Hand abzuzählen, obwohl sie die letzten Jahre für fast all das verantwortlich waren, worüber sich der Deutsche so beschwert, egal ob Hartz IV oder ein Spritpreis, der dafür sorgt, dass dem Staat durch Auslandstanker im letzten Jahr 3,4% des Umsatzes an Kraftstoffsteuer verloren gingen (da sind die steigenden Preise ein Paradoxon an sich!)
Wenn man jetzt noch bedenkt, dass 2002 auf dem Stimmzettel weitere 18 potentielle regierungswillige Gruppen zu finden waren, fängt das Ganze an spekulativ zu werden. Was würden die anderen anders machen? Was Würden sie besser machen?
Insgesamt 24 Parteien, jede mit einem eigenen Programm und anderer Zielsetzung. Sicher, es ist zeitaufwendig, sich über die einzelnen Meinungen und die Ziele und der Umsetzung schlau zu machen, da macht man dann doch lieber sein Kreuzchen dahin, wo man es sonst auch immer hin gemacht hat. Die anderen Wähler werden ja schon wissen, was die richtige Entscheidung ist. Nur Schade, dass die Anderen genau so denken und anschließend beschwert man sich dann darüber, dass es mit unserem Land bergab geht, weil die Regierung nichts taugt, der man selber ihre Machtstellung verschafft hat.
Dabei wäre gerade hier ein wenig Nachdenken gar nicht mal so verkehrt, schließlich geht laut Verfassung alle Macht vom Volke aus! Wer möchte schon von jemandem beherrscht werden, der nicht nachdenkt?
„Die SPD hat Mist gebaut, dann wählen wir jetzt halt CDU!“ Ist die Sichtweise der Wähler wirklich so engstirnig, dass all die anderen Alternativen gar nicht wahrgenommen werden?
Kann es denn sein, dass unter zwei Dutzend Parteien niemand in der Lage ist, sich mal für etwas anderes zu entscheiden? Vielleicht mal für jemanden, der es sogar besser machen kann, als die, die es die letzten Jahre probiert haben?
„Es bringt mir doch nichts, eine kleine Partei zu wählen, die können doch sowieso nichts ausrichten.“ Richtig, weil viele genau so denken und sich deshalb nur für das geringere der beiden großen Übel entscheiden, anstatt wirklich mal eine Veränderung herbei zu führen und eventuell sogar mal eine Regierung zu schaffen, über die man sich nicht andauernd beklagen muss, weil sie nicht auf einem hohen Ross sitzt, bedingt durch die Gewissheit, dass es nur einen Konkurrenten gibt und wenn der versagt, hat man selber nach vier Jahren wieder die Chance seinen eigenen Mist zu bauen. Eben so unsinnig ist die Ansicht, man wähle die große Partei, wenn man ihren kleinen Koalitionspartner mit seiner Stimme beschenkt. Sicherlich mag das dazu führen, dass diese Koalition erst regierungsfähig wird, aber es ist widersprüchlich zu der Einstellung, die man auf politischer Ebene einnimmt! Schließlich geht eben dieser Fraktion, von der man (hoffentlich) annimmt, dass sie die eigenen Interessen am besten vertritt Einfluss verloren, dadurch, dass man seine Stimme anderwärtig verschwendet und so die „kleinen“ wesentlich weniger Druck auf die „großen“ ausüben können. Es wäre doch zur Abwechslung mal lobenswert, eine motivierte Regierung zu schaffen, die dankbar dafür ist, dass sie das Vertrauen des Volkes erlangt hat und deswegen auch ihr Bestes gibt, eben weil sie diesem Volke zeigen will, dass es einmal die Richtige Wahl getroffen hat!
Schließlich kommt Wählen ja, von die Wahl haben und die Wahl hat jeder und zwar dieses mal die Auswahl aus 36 einzelnen Parteien und nicht nur die Wahl zwischen den beiden, die uns weiß machen wollen, dass sie die einzigen sind!
Also, wenn am 18. September der Gang zur Urne ansteht, statt zu kreuzen und dann zu ärgern erst denken und dann kreuzen!

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